Das Massaker. Oder wie ich Bienen retten durfte.

Oh ……. manchmal passieren gar nicht schöne Dinge (und manchmal sind wir auch der Auslöser dafür) und diese wiederum geben einem die Möglichkeit, etwas Gutes zu tun, auch wenn es nicht das ganze Leid wieder wett macht.

Gestern ist uns beim Bienen-Check beim letzten Rähmchen, einem proppen-vollen Futterrahmen, ca. 3/4 der Waben abgerissen, weil unsere Mädels sie mit der angrenzenden Wand verklebt hatten.
Dabei fielen die abgerissenen Teile, weil sie eben ganz voll und schwer sind, auf den Boden des Bienenhauses und haben dort eine ganze Menge Bienen lebendig in Honig begraben.

Wir mussten die abgerissenen Teile heraus holen, weil sonst der Rahmen nicht wieder hinein gepaßt hätte und beim hoch holen sind sicher noch mal eine Zahl Bienen in Mitleidenschaft gezogen worden, weil es dort super eng ist und alles voller Bienen war.
Uns hat allen total das Herz geblutet und wir waren auch einigermaßen hilflos, wie jetzt mit der ganzen tropfenden, klebenden Masse und den darin eingeschlossenen und daran klebenden Bienen umzugehen sei, um nicht noch mehr der Mädels zu verletzen oder zu töten.

Das Problem war, daß wir die ca. 1,5 Kilo Honigwaben nicht einfach raus nehmen konnten, weil sie sonst alles voll getropft hätten und andere Bienen angelockt hätten die dann unser Volk ausräubern könnten.
In kürzester Zeit waren die Handschuhe komplett mit einer dicken Honigschicht überzogen und alles was wir angefasst haben danach genauso.

Ich hätte heulen können!

Aber am Ende, wie oben schon erwähnt, bekamen wir dann doch noch die Möglichkeit, ein paar der verunglückten Bienen zu retten:
Einige der Mädels waren außerhalb des Bienenhauses auf einer Tüte mit einem Teil der zerrissenen Honigwabe und komplett in Honig getränkt und verklebt. Sieht genauso furchtbar aus wie Tiere die nach einem Öl-Unfall aus dem Meer kommen, nur eben durchsichtig statt schwarz. Und ist wohl auch genauso tödlich wenn sie sich selbst überlassen werden.
Also haben wir noch eine Stunde damit zugebracht, jede Biene die sich noch bewegt hat mit Stöckchen und Zweigen aus der klebrigen Masse heraus zu holen und direkt vor den Eingang des Hauses abzusetzen.
Sie konnten sich kaum noch von selbst bewegen, weil alle Beine und Flügel komplett verklebt waren.

Was dann passierte war toll und hat mich sehr berührt: die Bienen die gerade das Haus verlassen wollten bemerkten sofort, daß mit ihren Schwestern irgendwas nicht stimmte und fingen, teilweise zu fünft, an ihre verunglückten Kolleginnen zu säubern und abzulecken und das so lange, bis die wieder voll beweglich waren und zurück ins Haus krabbeln konnten.
Den komplett verklebten Rest der Tüte mit einigen toten Bienen nahm ich mit nach Hause.

Etwas später wollte ich sie aber nicht einfach so im Müll entsorgen, sondern sie lieber in der Natur “beerdigen” und hab noch mal in die Tüte rein geschaut um sie da rauszuholen und in ein Eckchen auf die Wiese zu legen.
Und dabei bemerkte ich, wie sich einige von den tot geglaubten Bienen immer noch bewegten – nach ca. 2 Stunden “unter Honig”!!
Also hab ich ein kleines Bienen-Lazarett bei mir Zuhause eröffnet, die Mädels einzeln mit feuchten Wattestäbchen aus dem Honig gefischt und mit mehr feuchten Wattestäbchen vorsichtig “gewaschen”, weil sich Honig ja ganz gut mit Wasser lösen läßt.
Sie haben unglaublich positiv darauf reagiert, gar nicht abwehrend oder als hätten sie Angst vor der unbekannten Prozedur oder daß ihnen noch mehr Leid widerfahren könnte. Sondern still gehalten und zwischendurch immer mehr Beinchen und Flügel versucht zu bewegen.

Aber es war mittlerweile stockdunkel und auch ziemlich kühl draußen – also mussten sie bei mir Zuhause übernachten.
Das haben sie dann auch getan – in einer Pfanne in die ich etwas Papier, ein kleines Stückchen Honigwabe und viele feuchte Wattestäbchen legte. Mit Deckel drauf natürlich.
Und heute morgen das nächste Wunder: in der Nacht hatte ich vier Mädels vom Honig befreit die dann munter durch die Pfanne wanderten, die anderen hatten sich nicht mehr bewegt.

Und heute morgen waren tatsächlich acht Bienen insgesamt lebendig, zwei davon noch sehr verklebt, die anderen hatten sich wohl während der Nacht gegenseitig geputzt und wieder fit gemacht.
Als ich sie in ihre Transportbox (ein Glas mit Schraubverschluß) “umfüllte” haben einige von ihnen so wild mit den Flügeln gesurrt, daß ich dachte, sie wollen gleich durchstarten.
Und gleich um sieben, kurz nachdem ihr Bienenhaus von der Sonne wach geküsst wurde, habe ich sie nach Hause gebracht und dort auf ihrem Flugbrett frei gelassen, damit sie es nicht so weit haben nach den ganzen Strapazen.
Ich geb zu, ein paar Bienen retten zu können, nachdem man zuvor, wenn auch komplett ohne es zu wollen, zu ihrem Unfall mit beigetragen hat, das war schon ein sehr schönes Gefühl!

Und am tollsten war es, wie sie es haben geschehen lassen. Und ich bin sicher, daß sich nasse Wattestäbchen die einen abstreichen nicht genauso anfühlen wie die Zungen der Schwestern wenn sie einen putzen.
Als hätten sie gewußt, daß es ihnen nicht schaden soll, sondern helfen.
Und dabei hatte ich ja auch keine Ahnung, ob das ganze überhaupt eine Chance hat positiv zu enden für sie.